senfkorn-STADTteilMISSION: Gemeinsam dem Weg Jesu folgen. Ostern 2023

Gemeinsam dem Weg Jesu folgen

Gemeinsam dem Weg Jesu folgen

Überall hingen sie: bunte Ostereier, in den Regalen warteten die Osterhasen auf Kundschaft – und wir vom senfkorn.-Team dachten darüber nach, wie wir die Geschichte vom Leiden und Auferstehen Jesu in unserem Stadtviertel erzählen, wie wir mit ihnen dem Weg Jesu in den zwei Wochen vor Ostern folgen könnten.

Da erinnerte ich mich an große KREUZWEG-Bilder, vor einiger Zeit von Kindern gemalt mit Ei-Tempera – leuchtende Farben, große Figuren –

und ich beschloss: Genau diese Bilder würden uns begleiten, wenn wir im senfkorn.-Laden zur diesjährigen Osteraktion einladen.

Vorbereitungen

Von der Schule lieh ich mir Staffeleien aus für die Bilder. Dazu besorgte ich Graupappe 70x100cm, 4mm dick. Mit weißer Linoldruckfarbe rollte ich eine Spur darauf, über 10 m lang, die den Weg zeigen sollten, dem wir gemeinsam folgen würden. Rechts und links wurden Fußstapfen mit weißer Ölkreide gezeichnet, es wurden fast 100. Ob wohl genügend Menschen bereit sein würden, die Fußstapfen mit ihren Gedanken zu füllen?

Denn das war die Idee:

JedeR konnte einen ausgeschnittenen Fußabdruck gestalten mit Worten, Bildern, bunten Steinen, Farben – und dann auf den Weg kleben.

Das dazu nötige Werkzeug und Gestaltungsmaterial würde auf Tischen bereit liegen.

Mit jedem Tag und jedem neuen Bild sollte eine weitere Szene des Leidens Jesu im Mittelpunkt stehen, so wie es uns seit 2000 Jahren in den Evangelien übermittelt ist – keine angenehme, „schöne“ Geschichte, aber eine mit einer weitreichenden Bedeutung, wert weiter erzählt zu werden. Und uns bedeutet sie viel.

Gemeinsam dem Weg Jesu folgen

An einem Samstag dann machten wir uns gemeinsam mit einigen Nachbarn aus dem Stadtviertel in unserem Laden ans Werk: Wir putzten Fenster, unterteilten den Raum durch Vorhänge, stellten die Staffeleien auf, richteten die Tische. Am Sonntag feierten wir mit Liedern und Gebeten so etwas wie eine „Eröffnung“ mit dem ersten Bild auf der ersten Staffelei – und wer mochte, durfte sich ein kleines Blanko-Tagebuch mitnehmen, um selber Jesus auf seinem Weg zu folgen.

Und so entfaltete sich ab Montag an 13 aufeinander folgenden Tagen bis zum Karsamstag ein besonderes Geschehen im senfkorn.-Laden: vormittags und nachmittags kamen große und kleine Menschen herein, suchten sich einen Platz, betrachteten in Stille das jeweilige Bild, nickten einander freundlich zu, flüsterten oder zeigten sich gegenseitig, was sie auf den Fußspuren oder in ihren Tagebüchern gestaltet hatten, klebten die Fußspuren auf den „Weg“ – und warteten, dass es 17:30 Uhr würde. Denn dann kam der Höhepunkt des Tages:  Im Halbkreis um das Bild des Tages, versuchte ich, die Farben und Formen des Kinderbildes zum jeweiligen Thema in Beziehung zu setzen.

Was sehen wir z.B. auf dem Bild mit dem leuchtend roten Himmel über Jesus, der zum dritten Mal unter dem Kreuz fällt – und dessen Mund geöffnet ist wie zu einem Schrei? Wie passt das zusammen mit „den Weg vollenden“? Oder wie hat z.B. die Szene, in der Jesus den weinenden Frauen begegnet

– das Kind hat die Tränen der Frauen fast wie Wasserbäche gemalt, die auf den Boden tropfen –

mit „Mitleid erfahren“ zu tun?

Wenn ich meine Betrachtung gesagt hatte, konnte jede und jeder seine eigenen Gedanken und Erkenntnisse mit den anderen teilen. Es gab ein Lied, ein Gebet und Sascha las noch einen kleinen Text vor. Nach dem Segenswort warteten alle gespannt auf die Enthüllung des nächsten Bildes auf der Staffelei – und das dazugehörende Thema.

Drei besondere Überraschungen

Drei besondere Überraschungen gab es in diesen 13 Tagen: Zum einen waren an jedem Nachmittag kurz nach 16 Uhr fast alle Plätze an den Tischen besetzt, die Kinder und Erwachsenen kamen „freiwillig“, mit spürbarer Vorfreude, und gestalteten ihre Tagebücher. Es entstanden wahre Kunstwerke.

Zum zweiten war in dem Raum eine geschäftige Stille: Klebestifte wurden hin und hergereicht, Stempel ausgetauscht, Bilder und Worte zu Collagen geklebt und bunte Papiere zurechtgeschnitten. Wer eine gute Idee hatte, teilte sie mit den anderen, wer gerade keine Idee hatte, ging in die Küche und kochte Tee für alle.

Zum dritten fingen etliche an, zum Thema in den bereitliegenden Bibeln zu lesen. Manche zum ersten Mal in ihrem Leben. Die gefundenen Bibelverse fanden dann ihren Weg ins Tagebuch – und in die „Andacht“ am Ende.

Nicht so leicht auszuhalten

Und all das, obwohl es ja eigentlich schwer ist, dem Weg Jesu zum Kreuz zu folgen: Er wird verurteilt, geschlagen, verspottet, muss das Kreuz nehmen, fällt mehrere Male zu Boden, muss sich verabschieden von Menschen, muss Hilfe annehmen, wird seiner Kleider beraubt – und schließlich aufs Kreuz gelegt und festgenagelt.

Ja, wir Christen glauben: Der Weg Jesu zum Heil geht durch Schmerz und Leiden hindurch. Das ist schwer auszuhalten – auch für Jesus.

Indem er aber bis zum Ende Gewalt nicht mit Gewalt, Hass nicht mit Hass, Verachtung nicht mit Härte, Leid nicht mit Fluch beantwortet, Gott, seinem Vater, trotz allem vertraut, geht Jesus den Weg zu unserem Heil. So hat Jesus Gewalt und Tod überwunden – ist auch durch unsere Tiefen gegangen und

wir können beim Mitgehen auf dem Weg begreifen: Er kennt unseren Schmerz!

Die letze große Überraschung

Nach 13 Tagen mit dieser intensiven Beschäftigung – in unserer kleinen senfkorn.-Gemeinschaft im Laden – feierten wir die vierte große Überraschung: Jesus wird vom Tod auferweckt. Ein Osterspaziergang mit Ausblick über Gotha,

ein festlich gedeckter Oster-Frühstückstisch, viele Lieder und viel Lachen, damit es in unser aller Herzen leuchtete: Er lebt!

Gott hat den Weg Jesu bestätigt und uns die Tür zum Leben aufgemacht! Wir folgen dem Weg Jesu auch heute!

Für mich war diese ganze KREUZWEG-Zeit ein großes Geschenk: Das tägliche gemeinsame emsige Tun und die Wiederentdeckung der farbenfrohen Kinderbilder haben mir selbst die Heilsgeschichte noch einmal neu erzählt.
Mir war es ein Wunder: Viele ließen sich auf den Weg ein und haben dabei entdeckt: Ostern ist etwas ganz Anderes als Schokohasen und bunte Eier.

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